Haushalt 2023: Nicht generationengerecht!
Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion, Stephan Heuser, am 20.12.2022:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratsmitglieder, liebe Azubinen und Azubis,
meine Damen und Herren,
große Geldbeträge verbinden wir gerne als Synonym für Reichtum und finanzielle Möglichkeiten. Wir denken dann an Unabhängigkeit, an Gestaltungsspielraum, Erfüllung von Wünschen und vieles mehr.
Ganz anders sieht es bei Schulden aus.
Schulden sind Geld, das bereits ausgegeben wurde.
Es besteht noch als Zahl, aber es steht nicht mehr zur Verfügung, sondern schränkt die Handlungsspielräume in Zukunft ein.
Neben die Tilgung der Schulden tritt nun auch wieder Zinsaufwand. Der Zins ist wieder da und er ist gekommen, um zu bleiben. Er ist binnen weniger Monate um fast 3%-Punkte gestiegen. Er erstreckt sich nicht nur auf Investitionskredite, sondern auch auf die Liquiditätslinien unserer Stadt.
Lieber Herr Notthoff, nie war Planung so schwierig wie aktuell. Multiple Krisen begleiten uns. Krieg, Inflation, Energiewende, Corona, um nur die Hauptthemen zu nennen.
Der Haushaltsentwurf von September trug diesen Entwicklungen völlig unzureichend Rechnung. Wir haben im bilateralen Austausch beanstandet, dass Zins- und Personalaufwand zu niedrig und Zuweisungen bzw. Grundstücksverkäufe zu hoch angesetzt seien.
Dass die FDP-Fraktion damit goldrichtig lag, beweisen die Korrekturen, die Ende November noch vorgenommen wurden.
Viel höhere Kosten für Personal und Energie und rezessionsbedingt weniger Einnahmen aus der Einkommensteuer und aus Grundstücksverkäufen hätten das ohnehin geplante Millionendefizit noch höher ausfallen lassen müssen.
Doch nun kommt ein weiterer Bilanzierungstrick aus dem CDU-Landesministerium dem Kämmerer zu Hilfe.
Nach den Isolierungen der Corona-Belastungen sollen auch die Auswirkungen aus Ukraine-Krieg und Energiepreisen quasi neutralisierbar sein. Es
entsteht ein Schattenhaushalt, den zwei Generationen wohl abtragen müssen, wenn es der Stadtrat 2025 so beschließen sollte.
Mit Wahrheit und Klarheit eines Gemeindehaushalts hat das kaum noch etwas zu tun.
Denn: Das Geld ist bereits ausgegeben bzw. ist weniger in die Kassen gekommen.
Die FDP-Fraktion sieht nur eine ehrliche Möglichkeit:
Wir müssen uns jetzt schon entsprechend verhalten.
Gehen wir freiwillig in die Haushaltssicherung.
Behandeln wir diese Beträge als das, was sie sind:
Fehlbeträge, die das Eigenkapital unserer Stadt mindern.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die nachfolgenden Generationen das alles abtragen müssen, sondern müssen jetzt vernünftiger haushalten.
Denn auch in den folgenden Jahrzehnten kann es Krisen geben, die flexible Reaktionen erforderlich machen. Deshalb dürfen wir unseren Kindern und Enkeln keinen noch schwereren Rucksack hinterlassen, sondern sollten ihre Gestaltungsmöglichkeiten bewahren.
Wir sollten gemeinsam die Ausgabenpositionen priorisieren und wir sollten den Liquiditätsrahmen von 80 Mio. € kürzen.
Wir sollten den Haushalt sichern und krisenfester machen.
Unser Appell geht auch an die Fachausschüsse, geplante Ausgaben noch stärker auf ihre finanzielle Wirkung zu überprüfen.
100.000€ hier, 15.000€ dort: auch die Summe vermeintlicher Kleinigkeiten kann zu großen Einsparungen führen.
Auch die von der SPD beantragte Aufstockung der Fraktionsmittel fällt in diese Kategorie. Sie ist eine unnötige Mehrausgabe.
So wie kleinteilige Förderprogramme zur Dachbegrünung oder teure Umzüge von Bäumen zum Karl-Flügel-Platz.
Den vorgelegten Haushalt lehnen wir ab. Er ist nicht ambitioniert, den Belastungen zu begegnen. Er ist nicht generationengerecht!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Der Verwaltung und den anderen Fraktionen danke ich für die gute Zusammenarbeit im ablaufenden Jahr.
Politik ist der Wettstreit um Ideen und Konzepte. Sie sind häufig verschieden, so wie die Gesellschaft selbst bunt und vielfältig ist.
Ich freue mich auf ein noch gemeinsameres Arbeiten in einem herausfordernden Jahr 2023.
Neue Bestattungsform: Aschestreufeld
Der Antrag der FDP-Fraktion bekam in der Ratssitzung am 20.12.2022 die Mehrheit. Nur die CDU-Fraktion lehnte aus ethischen Gründen ab.
Wir bedanken uns bei allen Ratsfraktionen für den konstruktiven Umgang mit unserem Antrag.
Nun müssen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die diese Form der Bestattung wünschen, nicht mehr nach Issum oder in Nachbarländer ausweichen. Wie die Menschen bestattet werden möchten, sollten sie
selbst entscheiden dürfen. Für diese Form der sarg- bzw. urnenlosen Bestattung ist übrigens eine ausdrückliche Willenserklärung des Verstorbenen notwendig.
Unsere Position zur Grundsteuer
Ausgangslage
Nach der Neuregelung des Bundes wird die Grundsteuer ab dem Jahr 2025 nach dem wertbasierten Scholz-Modell erhoben, sofern die Bundesländer keine abweichenden eigenen Grundsteuermodelle umsetzen. Bisher gab es in NRW anders als in anderen Flächenländern leider keine politische Mehrheit für die Nutzung der entsprechenden Länderöffnungsklausel. Stand heute käme in NRW damit ab dem Jahr 2025 das Scholz-Modell zum Tragen: Im Rahmen dieses Modells sollen die Verkehrswerte von Immobilen als Bemessungsgrundlage in einer bürokratischen Hauptfeststellung alle sieben Jahre neu bewertet werden. Bei absehbar weiter steigenden Immobilienpreisen wird das Scholz-Modell ohne turnusmäßige aktive Hebesatzsenkungen durch die Kommunen aufgrund dieser inneren Wertdynamik zu fortlaufenden, automatischen Steuererhöhungen führen. Einen dauerhaften Ausweg aus dieser Steuerspirale bietet nur ein eigenes flächenbasiertes Grundsteuermodell, bei dem sich der Grundsteuerwert hauptsächlich über konstante Grund- und Gebäudeflächen und nicht über fortlaufend steigende Bodenwerte und Mietpreisniveaus bestimmt.
Darüber hinaus sieht das Scholz-Modell klageanfällige, politisch motivierte Steuerrabatte vor. Das gefährdet die rechtssichere Erhebung dieser wichtigen kommunalen Steuer. Beispielsweise würde der geplante Steuerrabatt für Genossenschaftswohnungen dazu führen, dass bei einem Wohnblock mit teilweise genossenschaftlichen und teilweise privat vermieteten Wohnungen die Bewohnerinnen und Bewohner in identischer Wohnlage in identisch großen Wohnungen eine unterschiedlich hohe Grundsteuerlast tragen müssten. Die Grundsteuer dient im Kern jedoch der Bereitstellung der öffentlichen kommunalen Infrastruktur. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum die Menschen diese Infrastruktur in identischer Wohnlage nur in Abhängigkeit der Besitzstruktur ihrer bewohnten Immobilie in unterschiedlichem Umfang nutzen - und bezahlen - sollten.
Wir stellen fest:
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Eine ab dem Jahr 2025 rechtssicher erhobene Grundsteuer ist für die Finanzierung und
Bereitstellung der kommunalen Infrastruktur von zentraler Bedeutung.
- Das Scholz-Modell würde ohne aktive, fortlaufende Hebesatzsenkungen der Kommune bei steigenden Immobilienpreisen zu einer immer weiter steigen-den Grundsteuerlast für die Bürgerinnen und Bürger führen, was nicht vertretbar ist.
- Daher setzen wir uns für die Nutzung der Länderöffnungsklausel ein, um auch in NRW ein faires, transparentes und bürokratiearmes Grundsteuermodell umzusetzen. Diese Anforderungen lassen sich am besten in einem flächenbasierten Grundsteuermodell mit Lagefaktoren verwirklichen, wie es viele andere Bundesländer in unterschiedlichsten Regierungskonstellationen (u. a. Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Bayern) einführen werden.
Termine 2023
Unsere Fraktionssitzungen finden dienstags um 18 Uhr im Rathaus statt.
Liberale Stammtische geben zwischendurch Gelegenheit zum Austausch und zur Organisation der Parteiarbeit. Sie finden an wechselnden Orten an folgenden Terminen statt:
Bei Interesse bitte kurze Mail an: info@fdp-kamp-lintfort.de